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Lea Laura Heim (Frankfurt/Oder): Ein Genre der Gesellschaftskritik? Zeitgenössische Transformationen des Bildungsromans (Dissertation) // Dr. habil. Christine Meyer (Amiens): Gegendiskursive Strategien der Kanonaneignung und Kanonkritik in der deutsc

20.01.2023

Respondenz: Qing Xiao

Achtung: Ausweichtermin, Freitag von 10-14 Uhr!

Lea Laura Heim (Frankfurt/Oder): Ein Genre der Gesellschaftskritik? Zeitgenössische Transformationen des Bildungsromans (Dissertation)

Unter der methodischen Prämisse, Genres als lebendige Ordnungssysteme anzusehen, die historisch von jeher Veränderungen erfahren haben, beschäftigt sich die Dissertation am Beispiel literarischer Texte von Sasha Marianna Salzmann, Olivia Wenzel, Deniz Ohde und Fatma Aydemir mit zeitgenössischen Transformationen des Bildungsromans. Dabei ist die methodische Herangehensweise eine Erweiterung der – insbesondere im öffentlichen Diskurs vorherrschenden – Fokussierung auf das migrantisierte bzw. rassifizierte Subjekt hin zu dem in den Texten erkennbaren Potenzial einer kritischen Gesellschaftsanalyse. Dabei wird besonders der Umgang mit Migration, sozialer Klasse und Geschlecht im Einwanderungsland Deutschland in den Blick genommen. Darüber hinaus wird untersucht, auf welche Weise sich die betrachteten Werke gesellschaftskritisch und gestützt durch eine ‚oppositionelle‘ Ästhetik, dem Genre des Bildungsromans ‚einschreiben‘ und auf diese Weise auch auf künstlerisch-ästhetischer Ebene diskursive kulturelle Mitbestimmung einfordern.

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Dr. habil. Christine Meyer (Amiens): Gegendiskursive Strategien der Kanonaneignung und Kanonkritik in der deutsch- sprachigen Literatur der (Post-)Migration (Gastvortrag)

Inwieweit fühlen sich deutschsprachige Schriftsteller:innen ‚mit Migrationshintergrund‘ durch das kulturelle Erbe der deutschen Nation vertreten? Inwieweit nehmen sie die vermeintlich universellen Werte für sich in Anspruch, die durch die ‚großen Werke‘ repräsentativer Autoren vermittelt werden, und in welchen Punkten und zu welchem Anteil fechten sie diese an? Wie ordnen sie ihre eigenen Werke in die nationale (bzw. überhaupt westliche) Tradition ein?

Aufbauend auf Edward W. Saids kontrapunktischen Lektüren und Gayatri C. Spivaks Überlegungen zum Sprechen der Subalternen untersucht dieser Vortrag die narrativen und diskursiven Strategien, mit denen ausgewählte Autoren aus dem ‚orientalischen‘ Raum den deutschen Kanon in der Nachwendezeit neu gelesen und bearbeitet haben. Dabei wird von der Hypothese ausgegangen, dass sich deutschsprachige Texte der (Post-)Migration – ebenso wie viele Werke der postkolonialen Literatur – zumindest in Anteilen als Reaktionen auf den hegemonialen Diskurs lesen lassen, der in den Schriften westlicher Klassiker festgeschrieben ist oder diesen zugeschrieben wird. In dieser Lesart werden Werke von Schami, Özdamar, Zaimoglu u.a. als gegendiskursives writing back untersucht, bei dem die Autor:innen ihre Beziehung zur deutschen Nation sowie ihre eigene Verortung im Literaturfeld verhandeln.