Springe direkt zu Inhalt

Anna Rosemann (Frankfurt/Oder): Presse-Photo-GmbH – Eine der größten Fotoagenturen Deutschlands (Dissertation)// Prof. Dr. Steffen Siegel (Essen): Der Gutachter als Zensor? Über die Entstehungsbedingungen von Fotobüchern in der DDR (Gastvortrag)

01.11.2022 | 14:15 - 17:45

Respondenz: Malte Spitz

Anna Rosemann (Frankfurt/Oder): Presse-Photo-GmbH – Eine der größten Fotoagenturen Deutschlands (Dissertation)

Obwohl zum Stammpersonal der Agentur Presse-Photo-GmbH namhafte Fotograf*innen wie Willi Ruge, Marta Astfalck- Vietz und Heinz Hajek-Halke gehörten, ist bisher nur wenig über die Unternehmensgeschichte und die Inhaber bekannt. Gegründet im Jahre 1923 von zwei Mitarbeitern der jiddischen Zeitschrift „Forverts“, Nachman Hirsch Schifrin und Alter- Sholem Kacyzne, entwickelte sich die Agentur vor allem nach dem Eintritt des Ingenieurs Salomon Feinschreiber als Mitinhaber zu einer der größten Agenturen Europas. Das Bildarchiv umfasste um 1930 rund 700.000 Fotografien und speiste sich aus einem Netz von Fotograf*innen, das bis nach Papua-Neuguinea reichte. Gemeinsam mit einem Firmengeflecht von weiteren Agenturen wie Neofot, Fotoaktuell, Industriebericht und dem Verlag „Wissen und Fortschritt“ prägte Presse-Photo die deutsche Presselandschaft der 1920er und frühen 1930er Jahre nachhaltig.

-------------

Prof. Dr. Steffen Siegel (Essen): Der Gutachter als Zensor? Über die Entstehungsbedingungen von Fotobüchern in der DDR (Gastvortrag)

In den vierzig Jahren des Bestehens der Deutschen Demokratischen Republik (1949–1989) spielten Fotobücher eine wesentliche Rolle für die visuelle Kommunikation. So unterschiedlich solche Publikationen in Form, Zweck und Bedeutung auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: Bevor ein Buch veröffentlicht werden konnte, musste es ein recht kompliziertes Lizenzierungsverfahren durchlaufen. In erstaunlichen Details musste der Verlag mit dem Kultusministerium über Inhalt und Entstehung eines Buches verhandeln: von der Intention des Autors und der politischen Haltung über die Papiersorte, die Auflage bis hin zur grafischen Gestaltung. Dabei mussten sich mehrere Gutachter zu den Absichten des Fotografen/Autors und des Verlags äußern. Diese Gutachter mussten zwischen drei verschiedenen Optionen vermitteln: Ermöglichen, Eingreifen oder Zensieren der Veröffentlichung. Heute bilden diese umfangreichen Dossiers und Korrespondenzen eine wertvolle Quelle für die fotohistorische Forschung. Sie geben profunde Einblicke in Planungs-, Schaffens- und Entscheidungsprozesse – eingebettet in eine gesellschaftliche Konstellation, die künstlerische Ideen, ästhetische Überzeugungen, wirtschaftliche Verhältnisse und politische Forderungen in Beziehung setzt.

In meinem Vortrag möchte ich mich auf das fotografische Werk von Dirk Alvermann (1937–2013) konzentrieren, einem gerühmten, aber bemerkenswert wenig erforschten Künstler, der sich auf Fotobücher spezialisierte und in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts arbeitete. Bereits als Teenager und autodidaktischer Fotograf begann er Maquetten zu entwerfen. Während seiner kurzen Karriere (von 1960 bis 1979) veröffentlichte er sechs Fotobücher mit sehr unterschiedlichen Inhalten und in unterschiedlichen Stilrichtungen. Angesichts des radikalen politischen Denkens Alvermanns berührten die Verhandlungen mit dem Ministerium immer auch die gesellschaftlichen Bedingungen der Fotobuchproduktion in der DDR. Diese will ich in meinem Vortrag genauer vorstellen.

Zeit & Ort

01.11.2022 | 14:15 - 17:45

Europa-Universität Viadrina,
Große Scharrnstr. 23a,
Raum GS105